Ackerfutter für die Frühjahrssaat

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Ackerfutterbau

Die Trockenheit der letzten beiden Jahre hat in vielen Futterbaubetrieben teilweise zu erheblichen Futterlücken geführt. Futterbaubetriebe mit hohen Grünlandanteilen werden auf den knappen Ackerflächen auch in diesem Frühjahr schwerpunktmäßig wieder Mais anbauen. Bei höheren Ackeranteilen bietet sich der Anbau von ertragsstarken Ackergras- bzw. Kleegrasmischungen im einjährigen Hauptfruchtfutterbau an, aktuellen Futterengpässen frühzeitig im Jahr zu begegnen. Bereits 8 Wochen nach der Saat können hohe Mengen von hochwertigem, energie- und proteinreichem Futter geerntet werden.

Mit etwa drei Prozent Anteil an der Ackerfläche hat der klassische Ackerfutteranbau mit Feldgras sowie Kleegras und Luzerne- bzw. Luzernegrasanbau zwar eine relativ geringe Bedeutung, Futterbaubetriebe in NRW vor allem in den milden Lagen des Niederrheins und der grünlandknappen Region des Münsterlandes, wissen die ertragsstaken und qualitativ hochwertigen Gras- und Klee-Grasaufwüchse sehr zu schätzen.

Neben der futterbaulichen Bedeutung hat der ein- bis mehrjährige Ackerfutterbau gerade in engen Mais- und Getreidefruchtfolgen darüber hinaus zahlreiche positive pflanzenbauliche und umweltrelevante Wohlfahrtswirkungen:

  • Auflockerung der Fruchtfolge
  • Unterbrechung von Krankheitszyklen
  • Gute Unterdrückung von Problemungräsern wie Ackerfuchsschwanz (wichtig gerade im Ökolandbau)
  • Intensiver Humusaufbau durch Wurzel- und Stoppelreste
  • Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit
  • Erhöhung der Aggregatstabilität und dadurch Verbesserung der Bodenfunktionen insgesamt
  • Effektiver Erosionsschutz
  • Stickstoffanreicherung durch Futterleguminosen

Ebenso bietet der ein- und überjährige Feldfutterbau die Möglichkeit einer ganzjährigen, sinnvoll verwertbaren Gülledüngung insbesondere in Grasbeständen bzw. Gräser betonten Kleegrasbeständen.

Die Möglichkeiten des sinnvollen und damit empfehlenswerten Anbaus von Feldfutterarten und –mischungen im Frühjahr sind ein Stück weit begrenzt. Es gilt in erster Linie mit sehr frohwüchsigen und ertragsstarken Futterpflanzen die Vegetationszeit möglichst früh und möglichst lange zu nutzen. Für die Frühjahrsansaat von Luzerne bzw. Luzerne-Gras-Mischungen gilt es, die Vegetationszeit ab dem Frühjahr für die vergleichsweise lange Etablierungsphase dieser futterbaulich wertvollen Futterleguminose zu nutzen.

Einjähriges Weidelgras

Für den einjährigen, grasorientierten Hauptfruchtfutterbau ist das sehr frohwüchsige Einjährige Weidelgras, bzw. Mischungen mit Welschem Weidelgras prädestiniert. Bei stickstoffreduzierter Düngung sind zudem Perser- oder Alexandrinerklee geeignete Mischungspartner.

Das Einjährige Weidelgras ist eine einjährige, sommerannuelle Form des Welschen Weidelgrases und von diesem auf den ersten Blick optisch kaum zu unterscheiden. Es ist nur in milden Wintern beständig, so dass es unter unseren Verhältnissen meist nur im Ansaatjahr im Haupt- oder Sommerzwischenfruchtanbau genutzt wird. Das Einjährige Weidelgras reagiert sortenabhängig sehr stark auf unterschiedliche Tageslichtlängen. Daher sollte man die Zusammenhänge von Saatzeit und Sortenwahl unbedingt beachten. Im Grundsatz gilt: Je länger der Tag, desto schneller kommt das Einjährige Weidelgras nach der Keimung zum Schossen und macht kaum vegetative Masse. Da es im Hauptfruchtfutterbau darum geht, möglichst hohe Erträge zu erzielen, sollte die Aussaat möglichst früh erfolgen, damit ein langes und intensives vegetatives Wachstum unter Kurztagbedingungen stattfinden kann. Für den Hauptfruchtanbau sind daher mehrschnittige Sortentypen mit mittlerer und später Reife geeignet.

Je früher die Sorte, das heißt, je früher der Beginn des Ährenschiebens einer Sorte stattfindet, desto strukturreicher sind die Aufwüchse des ersten Schnittes, da ein engeres Blatt-Halm-Verhältnis besteht als bei späten Sorten. Solche Aufwüchse lassen sich sehr gut silieren. Späte Sortentypen des Einjährigen Weidelgrases gehen nicht so schnell in die generative Phase und sind daher strukturärmer, dafür aber wegen des weiteren Blatt-Halm-Verhältnisses etwas energiereicher.

Kein reines Welsches Weidelgras für Frühjahrsblanksaaten

Für Blanksaaten in Reinbeständen im Frühjahr kann das Welsche Weidelgras, als sehr frohwüchsige, mehrjährige Grasart im Feldfutterbau, im Gegensatz zum Einjährigen Weidelgras nicht empfohlen werden. Welsches Weidelgras ist eine winterannuelle Art. Das heißt, dass das Welsche Weidelgras wie Wintergetreidearten auch, einen winterlichen Kältereiz, die sogenannte Vernalisation benötigen, um generative Organe, sprich Blütenstände auszubilden. Die Halm- und Blütenstandsbildung ist beim schnellwüchsigen Ackerfuttergras als Strukturgeber und wegen der besseren Silierbarkeit aber überaus erwünscht. Im Frühjahr ausgesätes Welsches Weidelgras bildet daher im Ansaatjahr fast ausschließlich Blattmasse mit wenig Struktur. Welsches Weidelgras eignet sich daher für Blanksaaten in Reinbeständen oder auch in Gemengen mit anderen winterharten Gräsern oder Rotklee im September für die Zwischenfrucht- oder überjährige Nutzung.

Mischungen für Frühjahrsblanksaaten

Ackerfuttermischungen für den einjährigen Hauptfruchtanbau weisen gegenüber den Reinsaaten mit Einjährigem Weidelgras eine größere Anbausicherheit sowie eine höhere Nutzungsflexibilität bzw. Nutzungselastizität auf. Für Frühjahrsblanksaaten eignen sich die von den Nordwestdeutschen Landwirtschaftskammern empfohlenen Qualitätsstandardmischungen (QSM) A 2 und A 6.

QSM A2:

Diese nicht winterfeste Grasmischung ist für die Frühjahrsaussaat konzipiert. Hier steht vornehmlich die Schnittnutzung mit 3 bis 5 Schnitten für eine Vegetationsperiode im Vordergrund.

In der Qualitätssaatgutmischung (QSM) A2 ergänzen sich Einjähriges (33%) und Welsches Weidelgras (67%) sehr gut. Das Welsche Weidelgras bleibt bei der Frühjahrsaussaat ein blatt- und energiereicher Mischungspartner, während das Einjährige Weidelgras durch die Schoss- und Ährenbildung die für Wiederkäuer wichtige Struktur liefert. Die Erträge sind stark von den Niederschlägen und der N-Düngung abhängig. Wegen der Frühjahrsaussaat kann die A2 die Winterfeuchtigkeit nicht so gut nutzen wie beispielsweise Reinsaaten mit Welsches Weidelgras (z.B. A1) die bereits im Herbst des Vorjahres ausgesät wurden. In der A2-Mischung sind beim Einjährigen Weidelgras nur die im Hauptfruchtanbau bewährten mehrschnittigen Sortentypen enthalten.

Nach 3 bis 5maliger Schnittnutzung im Hauptfruchtanbau ist ggf. im Herbst noch eine Nachbeweidung möglich. In Abhängigkeit von der Fruchtfolge bietet sich nach der Einarbeitung der Stoppelreste im Herbst die Aussaat von Wintergetreide an. Erfolgt in Futterbaubetrieben erst im darauffolgenden Frühjahr der Silomais, können die Aufwüchse dieser Mischung im Frühjahr noch einmal genutzt werden. Zudem ist über die Wintermonate ein effektiver Boden- und Erosionsschutz gewährleistet. Da das Einjährige Weidelgras bei Frühjahrsnutzung im Folgejahr bei starken Frösten auswintert, kann der Bestand dann weniger leistungsstark und lückig werden. In milden Lagen sind die Auswinterungen auch beim Einjährigen Weidegras aber meist weniger stark ausgeprägt, so dass dieses in Frühjahrsaufwüchsen noch wesentlich zur Ertragsbildung beitragen kann.

Düngen nach Düngeverordnung

Bei Frühjahrsaussaat bedingt der Standorteinfluss bzw. die Jahreswitterung die mögliche Schnittzahl. In milden Lagen und bei guter Wasserversorgung, wie wir sie häufig am Niederrhein antreffen, können bei frühen Aussaatterminen 4 (bis 5) Schnitte mit einem Gesamtertrag von 120-150 dt/ha TM erzielt werden. Dies setzt einen entsprechend hohen N-Düngebedarf von 310-400 kg/ha voraus. Die N-Düngungsempfehlungen können Tabelle 1 entnommen werden. Das angestrebte Ertragsniveau des einzelnen Schnittes ist primär weniger von den Standortverhältnissen abhängig, sondern wird vielmehr von den Niederschlägen, der Schnittzahl sowie von einer angemessenen Stickstoffdüngung bestimmt. Bei später Saat, auf ungünstigen Standorten und in Lagen mit Sommertrockenheit entfällt der vierte Schnitt meistens.

Tabelle 1: Nutzungsabhängiger N-Bedarfswert nach Düngeverordnung in Abhängigkeit von der Ertragserwartung beim mehrschnittigen Feldfutterbau
(der N-Bedarfswert ist nicht grundsätzlich der zu düngenden N-Menge gleichzusetzen, v.a. bei Klee- und Luzernegras bzw. bei Reinkulturen von Klee und Luzerne)

  Ertrag dt/ha TM Rohprotein N-Bedarfswert kg/ha
gering
70%
mittel
85%
hoch
100%
 %
in TM
gering
70%
mittel
85%
hoch
100%
mehrschnittiger Feldfutterbau
Ackergras (5 Schnitte/Jahr) 105 128 150 16,6 280 340 400
Ackergras (3-4 Schnitte/Jahr) 84 102 120 16,2 220 265 310
Klee-/Luzernegras (3-4 Schnitte/Jahr) 84 102 120 18,2 245 298 350
Rotklee-/Luzerne in Reinkultur 77 94 110 20,5 250 305 360

Tabelle 2: Beispiel für Stickstoff-Verteilung beim Anbau von Einjährigem Weidelgras

Art TM-Ertrag N-Bedarf: kg/ha
dt/ha u. Jahr Schnitt: 1. 2. 3. 4. Summe
Einjähriges Weidelgras
Frühjahrsaussaat
120 Ertrag dt/ha TM 95 80 75 (60)* 310*
Ertragsverteilung 30% 25% 25% 20% 100%

 *Sofern der letzte Schnitt nicht geerntet wird, ist die Stickstoffdüngung entsprechend zu reduzieren

QSM A 6

Bei der QSM A 6 handelt es sich um eine Kleegrasmischung für die Frühjahrsaussaat, vornehmlich zur Schnittnutzung. Diese Saatgutmischung besteht zu je 25 Prozent aus Einjährigem und Welschem Weidelgras sowie zu 50 Prozent aus Perserklee oder alternativ dazu aus Alexandrinerklee. Der hohe Kleeanteil in der Mischung bewirkt einerseits einen höheren Proteingehalt als bei der A2-Mischung. Des Weiteren ist eine höhere Nutzungselastizität dieser Mischung gegeben, da der Klee physiologisch nicht so schnell altert wie Gras-Reinbestände. Soll der Kleeanteil gefördert werden, ist bestenfalls eine verhaltene N-Düngung zum ersten Auswuchs von 30-50 kg/ha N sinnvoll. Bei guter N-Nachlieferung des Bodens und guter Kleeentwicklung kann auch ganz auf eine zusätzliche N-Düngung verzichtet werden (siehe Tabelle 3). Sowohl Perserklee als auch Alexandrinerklee vertragen keine so hohe Nutzungsintensität wie die Gräser. Daher ist im Vergleich zu reinen Gräsermischungen (A 2) eine Reduzierung der Schnitthäufigkeit von 3, maximal 4 Schnitten empfehlenswert. Eine hohe Schnittintensität hat einen mehr oder weniger deutlichen Rückgang des Kleeanteils zur Folge. Ähnlich kleereduzierende Wirkung hat auch eine hohe, grasfördernde N-Düngung. Geht der Kleeanteil in den Folgeaufwüchsen deutlich zurück, sollte die N-Düngung erhöht werden, um das Graswachstum und damit den Ertrag zu fördern. Kleegrasbestände von Mischungen wie der A6 liegen im Ertragsniveau etwa 10-15 Prozent unter intensiv mit N versorgten reinen Grasbeständen.

Tabelle 3: N-Düngungsempfehlung von Leguminosen-Grasgemengen in Abhängigkeit vom Leguminosenanteil

Kleeanteil 0 - 10 % 10 - 30 % > 30 %
N-Bedarf N-Gabe wie zu Grasreinbeständen bis zu 50 % der N-Gabe zu Grasreinbeständen keine N-Düngung

Frühe Aussaat – frühe Ernte – hoher Ertrag

Die Aussaaten für Einjähriges Weidelgras sowie für die genannten Qualitätsstandardmischungen sollten zur Nutzung einer möglichst langen Vegetationszeit unter Kurztagsbedingungen im Frühjahr so früh wie möglich erfolgen. In milden Lagen sollten Aussaattermine Ende März bis Mitte April angestrebt werden. Bei sehr frühem Vegetationsbeginn kann die Aussaat auch 7 bis 10 Tage früher erfolgen. Wichtiger als der sehr frühe Saattermin sind letztlich, wie bei allen Frühjahrskulturen, abgetrocknete Böden, die eine optimale Aussaat in ein feinkrümeliges, abgesetztes Saatbett ermöglichen. Bei schnellem Feldaufgang sowie guter Wasser- und Nährstoffversorgung und milden Temperaturen ist der erste Aufwuchs bereits nach etwa 8 Wochen schnittreif

Tabelle 4: Von der Landwirtschaftskammer empfohlene Sorten des Einjährigen Weidelgrases im Hauptfruchtfutterbau (2019/20)

Sorte Beginn des
Ährenschiebens
Gesamt-
ertrag
Ertragsverteilung  Rostresistenz
1. Schnitt weitere Schnitte
Arnoldo, t 4 + o ++ ++
Volubyl   4 ++ - +++ ++
Mendoza   4 + o ++ 0
Lemnos, t 4 + ++ o 0
Aktiv   5 + o ++ o
Pollanum, t 5 + ++ o +
Melworld   6 ++ o +++ o
Bendix, t   6 + o ++ ++
  Meljump, t   6 ++ - +++ ++
Vivaro, t  7 + - +++ 0
Ramiro   8 + -- +++ +

Einstufung der Merkmale

--- = sehr deutlich unterdurchschnittlich
-- = deutlich unterdurchschnittlich
- = unterdurchschnittlich
o = durchschnittlich
+ = überdurchschnittlich
++ = deutlich überdurchschnittlich
+++ = sehr deutlich überdurchschnittlich
t = tetraploid

Kleegrasgemenge auf ÖVF möglich

Im Rahmen des Greenings besteht seit 2018 die Möglichkeit, auf ökologischen Vorrangflächen (ÖVF) neben Leguminosen in Reinsaat auch Leguminosen mit Nichtleguminosen anzubauen (z.B. Klee- oder Luzerne- Gras). Um den Leguminosenanbau in Deutschland attraktiver zu machen, wurde der Gewichtungsfaktor von bisher 0,7 auf 1,0 angehoben. Der Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln auf ÖVF ist allerdings nicht mehr zulässig. Mineralische Düngemittel sind dagegen weiterhin erlaubt. Damit Klee-Grasgemenge auf ÖVF anerkannt werden, müssen nach der aktuellen Direktzahlungen-Durchführungsverordnung die Leguminosenanteile im Pflanzenbestand optisch „vorherrschend“ sein, also dem subjektiven Eindruck nach über 50 Prozent Deckungsgrad liegen.

Autor: Hubert Kivelitz